| Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung | 24. - 26.10.2025 | Winterbach |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 9 V-Anträge |
| Antragsteller*in: | Paula Schecker (KV Freiburg) |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 23.10.2025, 13:59 |
A8: Starkes FSJ und FÖJ - Freiwilliges Engagement für Alle ermöglichen
Antragstext
Das Wichtigste zuerst: Freiwilligendienste leisten einen sehr wichtigen Beitrag
zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Egal ob das klassische Freiwillige Soziale
Jahr (FSJ), seine Erweiterungen wie das FSJ Kultur, FSJ Politik, FSJ Sport, FSJ
Denkmalpflege oder das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ).
Sie alle geben jungen Menschen einen sehr vielfältigen Einblick in verschiedene
Berufe und Bereiche. In ihrer Einsatzstelle und auf Pflichtseminaren erlernen
die Teilnehmenden Verantwortung, organisatorische Skills ebenso wie
Zusammenhalt, können neue Kontakte knüpfen und sich für ihren Freiwilligendienst
politisch einsetzen, zum Beispiel als Vertreter*Innen ihrer Mitteilnehmenden.
Ein Freiwilligendienst ist für seine Teilnehmenden aus verschiedenen Gründen
interessant: Manche wollen sich nach der Schule ausprobieren, weil sie sie noch
orientieren, manche suchen nach Abwechslung nach einem abgeschlossenen Studium
und die meisten wollen sich einfach gesellschaftlich engagieren. So vielfältig
wie diese Gründe sollten auch die Teilnehmer*Innen sein.
Leider sind die meisten Freiwilligendienste immer noch mit erheblichen Hürden
verbunden. Das liegt vor allem daran, dass es sich viele junge Leute einfach
nicht leisten können.
In einem Freiwilligendienst arbeitet man meist Vollzeit, erhält dafür aber nur
ein Taschengeld. Dessen Höhe unterscheidet sich von Träger zu Träger und der Art
des Freiwilligendienstes wie FSJ oder FÖJ und führt so zu einer Intransparenz,
die die Entscheidung für einen Freiwilligendienst zusätzlich erschwert.
Bei einem FÖJ in Baden-Württemberg erhält man zum Beispiel bei einer
Einsatzstelle ohne Verpflegung und Wohnung monatlich ein Taschengeld von 225€,
11,10€ Verpflegungszuschuss für jeden Arbeitstag, und einen Wohnzuschuss von
282€. Bei einem FSJ bei den Johannitern bekommt man ein Taschengeld von 563€.
Bei den aktuellen Lebenshaltungskosten und Mietpreisen reicht dies kaum für ein
eigenes WG-Zimmer oder gar eine eigene Wohnung aus. Junge Menschen, die einen
Freiwilligendienst anstreben, sind so vielfach darauf angewiesen, noch in ihrem
Elternhaus zu bleiben oder zusätzliche finanzielle Unterstützung zu erhalten.
Dies schränkt den Zugang zu Freiwilligendiensten so meist auf Personen ein, die
diese Privilegien genießen.
Ein weiteres Problem ist, dass vor allem Einsatzstellen von Freiwilligendiensten
von Sparmaßnahmen betroffen sind, obwohl sie einen wichtigen gesellschaftlichen
Mehrwert haben. FSJs zum Beispiel unterstützen ohnehin schon chronisch
unterbesetzte soziale Berufe und FÖJs leisten einen wichtigen Beitrag zu
Umweltschutz und Umweltbildung.
Diese Kürzungen kommen in einer Zeit, in der viele Politiker*innen fordern,
verpflichtende Dienste wieder einzuführen. Diese wären jedoch mit einem
erheblichen Kostenaufwand von bis zu 15 Milliarden € pro Jahr verbunden (Quelle:
Johanniter). Gleichzeitig übersteigt die Nachfrage nach Freiwilligendiensten
laut DBJR und DRK konstant das Angebot an verfügbaren Stellen. Wir haben also
aktuell die Situation, dass es willige junge Menschen gibt, die jedoch nicht
aktiv werden können, weil es im, für den Staat günstigeren, Freiwilligendienst
an Stellen mangelt. Dabei stellt es für die Träger eine besondere
Herausforderung dar, dass Freiwilligendienste sich nicht wie die staatlichen
Haushalte am Kalenderjahr, sondern meist an den Schulabschluss, bzw.
Ausbildungs- / Studienstartzeiten orientieren. Wir wollen deswegen einen
Rechtsanspruch für einen Freiwilligendienstplatz für Jugendliche und junge
Erwachsene. Dafür braucht es die notwendige langfristige Finanzierung der
Plätze. Für einen einjährigen Freiwilligendienst sind somit die Haushaltsmittel
von zwei Kalenderjahren relevant. Um hier für Planungssicherheit bei den Trägern
zu sorgen, fordern wir die Gewährleistung einer verbindlichen mittelfristigen
Finanzplanung für Freiwilligendienste von mindestens zwei Jahren.
Um auch die Nachfrage nach Freiwilligendiensten zu steigern, fordern wir
außerdem Investitionen in Bewerbungsmaßnahmen. Insbesondere der Mangel an
Informationen steht dem Antritt eines Dienstes häufig entgegen. Für Studium und
Ausbildung als Möglichkeit nach dem Schulabschluss wird durch Kampagnen wie "das
Handwerk" investiert und auch bei der Bundeswehr fließt seit Jahren viel Geld in
Werbungskampagnen wie digitale Werbung oder an Orten wie der Gamescom. Um die
Freiwilligendienste zu stärken, ist auch hier ein stärkeres Engagement
erforderlich.
Um einen Einblick in potentielle Berufswege zu bekommen, fordern wir wie bereits
im Aktionsplan "Mut zur Jugend" erwähnt, die Einführung eines FSJ Handwerks, wo
junge Leute Handwerksberufe ungebunden ausprobieren können. Als
niederschwelliges Format könnte dies auch dem Nachwuchsmangel im Handwerk
entgegenwirken.
Gerade in den aktuellen Zeiten des Militarismus und der Aufrüstung ist
gesellschaftliches Engagement wichtig und notwendig. Dieses soll, so sind wir
uns als Grüne Jugend einig, auf jeden Fall freiwillig bleiben.
Wir als Grüne Jugend Baden-Württemberg fordern:
1. Einen höheren Wohnzuschuss der an die örtlichen Mietpreise angepasst wird,
beispielsweise mit Hilfsmitteln wie dem örtlichen Mietspiegel,
2. eine stärkere Transparenz über die Höhe von Taschengeldern, welche in einem
zweiten Schritt entsprechend erhöht werden müssen,
3. eine verbindliche mittelfristige Finanzplanung zur Gewährleistung von
Planungssicherheit,
4. die Schaffung eines FSJ Handwerks sowie
5. eine deutlich stärkere Bewerbung von Freiwilligendiensten.
Unterstützer*innen
- Pauline Valentin
- Lukas Möcklin
- Thomas Zhou
- Daniel Halfmann