Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung | 9. - 11.5.2025 | Filderstadt |
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Tagesordnungspunkt: | 3 Mehr Mut zur Jugend - Politik nur mit uns! |
Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND Baden-Württemberg (Beschluss vom 28.3.2025) |
Status: | Eingereicht |
Antragshistorie: | Version 11 |
A8: 7. Eine gerechte und solidarische Gesellschaft gestalten
Antragstext
Junge Menschen sehnen sich nach sozialer Absicherung und einem stärkeren
gesellschaftlichen Zusammenhalt. Soziale Sicherheit heißt, niemanden im Stich zu
lassen. Deshalb fordern wir wirkungsvollere und flächendeckende Hilfsangebote
für Menschen in Armut, eine verbesserte Gesundheitsversorgung für Wohnungslose
und den Ausbau von Sprachmittlung im Gesundheitswesen. Tafeln,
Schuldner*innenberatungen und soziale Hilfsprojekte müssen finanziell gestärkt
werden, um Menschen in Not effektiv zu helfen.
Gleichzeitig dürfen Tafeln keine Dauerlösung sein. Niemand sollte auf wohltätige
Lebensmittelvergabe angewiesen sein, um den Alltag zu bestreiten. Sie sind
Ausdruck eines Systems, das Armut nicht verhindert, sondern verwaltet. Unser
Ziel ist ein sozial gerechtes Gemeinwesen, in dem solche Notlösungen überflüssig
werden. Das muss einen Paradigmenwechsel von Projektförderung hin zu
institutioneller Förderungen für freie Träger der Sozialhilfe bedeuten.
Für mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt müssen Integrations- und Sprachkurse
flächendeckend und kostenlos verfügbar sein, Ausländerbehörden personell besser
ausgestattet und traumatisierte Menschen mit Fluchtgeschichte umfassend
psychologisch unterstützt werden. Für Ausländerbehörden braucht es außerdem
regelmäßige Anti-Rassismus Schulungen und Fortbildungen über die Anwendung des
Ermessensspielraums. Hierfür muss das Land gemeinsam mit dem Bund die Kommunen
umfassend finanziell ausstatten. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) soll
für alle Geflüchteten in Baden-Württemberg eingeführt werden. Damit wird eine
diskriminierungsfreie und unbürokratische Gesundheitsversorgung sichergestellt.
Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen müssen stärker
unterstützt werden.
Dazu gehört, dass in Wohngruppen der Jugendhilfe mehr Taschengeld zur Verfügung
gestellt wird, um soziale Teilhabe zu ermöglichen. Außerdem soll sich das Land
dafür einsetzen, dass der Personalschlüssel in allen Bereichen der Jugendhilfe
erhöht wird.
Die Landespolitik muss sich außerdem für die Anerkennung geschlechtsspezifischer
Verfolgung als Fluchtgrund auf Bundesebene einsetzen. Solange dies noch nicht
umgesetzt wurde, soll das Land soweit möglich ein Sonderaufnahmeprogramm
Jesid*innen II sowie ein Sonderaufnahmeprogramm für Menschen, die von
geschlechtsspezifischer Verfolgung betroffen sind, auf den Weg bringen. Das Land
muss außerdem den Familiennachzug für im ersten Landesaufnahmeprogramm
aufgenommene Jesid*innen ermöglichen.
Aufbauend auf dem Ermessensspielraum von Behörden müssen Abschiebungen von
Menschen in Arbeitsverhältnissen ausgesetzt und Duldungen für 6 anstatt 3 Monate
ausgegeben werden. Unabhängige Beratungen zu Möglichkeiten des Aufenthalts
sollen staatlich besser finanziert und weiter ausgebaut werden. Für Menschen in
der Abschiebehaft muss ebenfalls ein Recht auf unabhängige Rechtsberatung gelten
und NGOs muss Zugang gewährt werden. Syrer*innen mit Schutzstatus sollen unter
klar definierten und rechtssicheren Voraussetzungen reisen können, ohne
befürchten zu müssen, dass ein Widerrufsverfahren eingeleitet wird. Dafür
braucht es einheitliche Regelungen, die sittlich zwingende Gründe weiter fassen,
Ausnahmen klar definieren und Transparenz sowie Rechtssicherheit schaffen.
Darüber hinaus fordern wir die sofortige Abschaffung der Abschiebehaft in
Pforzheim sowie perspektivisch den vollständigen Abbau aller Abschiebehaftplätze
in Baden-Württemberg. Abschiebehaft kriminalisiert Schutzsuchende, verletzt
grundlegende Menschenrechte und führt zu massiven psychischen Belastungen.
Anstatt Menschen einzusperren, müssen wir als Land auf eine humanitäre
Migrationspolitik setzen, die Schutz und Integration ins Zentrum stellt.
Die Landesregierung muss sich zudem mit allen ihren Möglichkeiten auf
Bundesebene dafür einsetzen, dass die zivile Seenotrettung ihre Arbeit auf dem
Mittelmeer fortsetzen kann. Zivile Solidaritätsaktionen dürfen nicht unter
Generalverdacht gestellt und kriminalisiert werden, da sie einen wichtigen
Beitrag zur humanitären Unterstützung leisten und demokratisches Engagement
stärken. Die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete in Baden-Württemberg
lehnen wir weiterhin ab. Sie erschwert selbstbestimmte Teilhabe, fördert
Ausgrenzung und setzt auf Kontrolle statt auf Vertrauen. Deshalb braucht es eine
unabhängige und transparente Evaluation der schon eingeführten Bezahlkarten,
eine Freiwilligkeit für die Landkreise und eine Änderung des
Überweisungssystems.
Baden-Württemberg braucht ein entschlossenes und dauerhaft finanziertes
Landesprogramm zur Bekämpfung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und
Rechtsextremismus. Projekte gegen Rassismus, Ableismus, Antisemitismus,
Homophobie, Sexismus sowie die Abwertung von wohnungslosen Menschen müssen aktiv
gefördert werden. Zudem ist eine verlässliche Finanzierung von Initiativen
erforderlich, die sich direkt mit der Bekämpfung rechtsextremer Strukturen
befassen – darunter Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt sowie
Programme für den Ausstieg aus der rechtsextremen Szene. Das Land muss klare
Kante gegen menschenfeindliche Ideologien zeigen und den betroffenen
zivilgesellschaftlichen Organisationen langfristige finanzielle Sicherheit
bieten.
Gleichzeitig muss eine Stelle für eine*n Antirassismus/Integrations-
Beauftragte*n des Landes geschaffen und mit entsprechenden Ressourcen
ausgestattet werden, um strukturelle Diskriminierung effektiv zu bekämpfen und
Betroffene besser zu unterstützen. Nur eine inklusive Gesellschaft, in der alle
Menschen gleichberechtigt teilhaben können, ist eine gerechte Gesellschaft.
Es braucht zudem endlich eine echte Umsetzung der UN-
Behindertenrechtskonvention. Das Land muss Barrierefreiheit zur verbindlichen
Vorgabe in allen öffentlichen Neubauten und Digitalangeboten machen, inklusive
Schul- und Ausbildungswege konsequent fördern und ausreichend Mittel für
multiprofessionelle Teams in Schulen bereitstellen. Auch in der Arbeitswelt muss
das Land Anreize für Betriebe schaffen, um Menschen mit Behinderung
einzustellen, und inklusive Ausbildungsmodelle sowie Werkstätten für Menschen
mit Behinderung stärker mit dem ersten Arbeitsmarkt verknüpfen. Nur so wird
Teilhabe wirklich möglich. Eine gerechte und solidarische Gesellschaft braucht
mutige soziale Politik!
Unterstützer*innen
- Julia Ehrhardt