| Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung | 24. - 26.10.2025 | Winterbach |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8 Leitantrag |
| Antragsteller*in: | Landesvorstand GJBW |
| Status: | Eingereicht |
| Angelegt: | 21.10.2025, 20:26 |
L1: Leitantrag - Platz da! Wohnen für Alle
Antragstext
Platz da! Wohnen für Alle
Wohnungs- und Mietenpolitik ist zur zentralen Gerechtigkeitsfrage unserer Zeit
geworden. Während Superreiche ihr Vermögen in Immobilienfonds anlegen, können
sich immer mehr Menschen keine Wohnung leisten und leben auf viel zu engem Raum.
Selbst ein guter Tariflohn hilft wenig, wenn heute durchschnittlich 28 Prozent –
in einkommensschwachen Haushalten sogar mehr als ein Drittel – des Einkommens
für die Miete aufgewendet werden müssen. So sind immer mehr Menschen auf
staatliche Unterstützung wie Wohngeld angewiesen, mit dem der Staat am Ende die
Rendite von Immobilienfonds und deren Aktionär*innen mitfinanziert.
Diesen Zustand wollen wir nicht länger hinnehmen. Wir kämpfen für genug
bezahlbaren Wohnraum für alle. Es ist möglich in unserem reichen Land dafür zu
sorgen, dass jede*r sich von seinem*ihrem Gehalt eine angemessene Wohnung
leisten kann. Dafür brauchen wir endlich wirksame Instrumente gegen Mietwucher
und Spekulation mit Wohnraum. Wir müssen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen und
Wohnraum endlich gerecht verteilen.
Gemeinwohl vor Profit – Wohnen ist ein Grundrecht!
Wohnen ist ein Grundrecht! Ein sicherer Schlafplatz, ein fester Wohn- und
Lebensort sollte jedem Menschen in unserem Land unabhängig von Vermögen und
Einkommen zur Verfügung stehen. Angesichts der extremen Mieten, die gerade für
junge Menschen im Bafög oder mit Einstiegs- und Azubigehältern untragbar werden,
müssen wir anerkennen: Auch in Baden-Württemberg bietet der profitgetriebene
Wohnungsmarkt keine angemessene Antwort auf dieses Grundrecht.
Wir brauchen deswegen einen stärkeren Fokus auf gemeinnützigen und noch besser
kommunalen oder landeseigenen Wohnraum. Statt großer Immobilienkonzerne wollen
wir starke kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Statt Wohnraum als Geldanlage
wollen wir mehr Wohnungen in öffentlicher Hand und Bürger*innengenossenschaften
sowie Wohnprojekte.
Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft wiedereinführen
Wir fordern die Wiedereinführung einer gemeinnützigen landeseigenen
Wohnungsbaugesellschaft. So können wir landesweit gezielt günstigen Wohnraum
schaffen und für mehr Wohnungen mit dauerhafter Sozialbindung sorgen. Eine
landeseigene Wohnungsbaugesellschaft soll dabei kommunale
Wohnungsbaugesellschaften ergänzen, nicht ersetzen und einerseits in Gebieten
tätig werden, wo keine kommunalen Wohnungsbaugesellschaften existieren oder sie
keinen Wohnraum schaffen können - vor allem im ländlichen Raum - , sowie
andererseits eigene Schwerpunkte setzen, etwa durch den Bau von Wohnraum für
Studierende, Azubis, Fachkräfte oder eigene Angestellte auf landeseigenen
Grundstücken. Uns ist bewusst, dass die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft
keine kurzfristigen Maßnahmen ersetzt, die notwendig sind, um die für viele
Menschen jetzt schon zu hohen Mieten schnellstmöglich zu senken. Mit der
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft wollen wir langfristig bezahlbaren
Wohnraum in Baden-Württemberg schaffen.
Gleichzeitig braucht es eine massive finanzielle Stärkung kommunaler
Wohnungsbaugesellschaften und eine Vereinfachung der Förderung. Mit gezielten
Eigenkapitalerhöhungen für gemeinwohlorientierte kommunale
Wohnungsbaugesellschaften, die sich im Gegenzug zu hohen Sozialwohnungsquoten
verpflichten, erhöhen wir den Handlungsspielraum und die Kapazitäten der
kommunalen Unternehmen.
Diese Maßnahmen sollen den Marktanteil gemeinwohlorientierter
Wohnungsbaugesellschaften erhöhen. Konkret soll sich das Land das Ziel setzen,
den Anteil von Wohnungen in der Hand öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften und
gemeinwohlorientierter Wohnungsbaugenossenschaften bis 2030 auf 20 Prozent der
Wohnungen in Baden-Württemberg zu erhöhen.
Ergänzend zu staatlichen Wohnungsgesellschaften sollen genossenschaftliche und
selbstverwaltete Wohnformen gezielt gestärkt werden. Diese Projekte fördern
Eigenverantwortung, Mitbestimmung und soziale Durchmischung, schaffen
langfristig stabile und bezahlbare Strukturen und tragen zu lebendigen
Quartieren mit aktiver Nachbarschaft bei. Um ihre Umsetzung zu erleichtern, soll
das Land ein eigenes Förderprogramm für genossenschaftliche und selbstverwaltete
Wohnprojekte auflegen oder innerhalb bestehender Programme sicherstellen, dass
auch kleinere, gemeinschaftlich organisierte Initiativen leichter Zugang zu
Fördermitteln erhalten und nicht in Konkurrenz zu großen Investor*innenprojekten
benachteiligt werden. Darüber hinaus soll das Land über die L-Bank spezielle
Zins- und Bürgschaftsprogramme bereitstellen und dafür sorgen, dass Modelle wie
das des Mietshäuser-Syndikats sowie klassische Genossenschaften dort stärker
bekannt, verstanden und aktiv unterstützt werden.
Sozialwohnungen massiv ausbauen
Immer mehr Menschen sind auf geförderte Sozialwohnungen angewiesen, um sich ein
Zuhause leisten zu können. In einigen Städten liegt der Anteil mittlerweile bei
über 50% der Stadtbevölkerung mit Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein.
Dennoch nimmt der Anteil der Sozialwohnungen seit Jahren ab. So ist der Anteil
der Sozialwohnungen in Baden-Württemberg auf gerade einmal 1% aller Wohnungen
gesunken.
Wir fordern daher einen jährlichen Zubau von mindestens 14.000 neuen
Sozialwohnungen pro Jahr im Land, damit wir bis 2030 einen Anteil an
Sozialwohnungen von 3% Prozent erreichen können. Wohnraum mit möglichst langer
Sozialbindung soll dabei vom Land begünstigt und aktiv unterstützt werden, um
den Rückgang von Sozialwohnungen wirksam zu bekämpfen. Sozialwohnungen mit
langfristiger Sozialbindung sind aktuell die wirksamste Möglichkeit, auch
ärmeren Menschen in Großstädten eine sichere Wohnung zu garantieren.
Mietwucher bekämpfen
Seit Jahren steigen die Mietpreise auch in Baden-Württemberg immer weiter an.
Neben der Förderung von günstigem Wohnraum müssen wir überhöhten Mieten endlich
einen Riegel vorschieben. Es kann nicht sein, dass einkommensschwache Haushalte
mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen.
Mietpreisbremse verschärfen
Deswegen brauchen wir jetzt eine Verschärfung der Mietpreisbremse. Die
Mietpreisbremse ist ein erprobtes Instrument, das auch bei uns im Land zu einer
gewissen Entspannung auf dem Mietmarkt beigetragen hat. Jedoch hat es die
Mietpreisbremse in ihrer heutigen Form nicht geschafft, nachhaltig für eine
ausreichende Begrenzung der Mietpreise zu sorgen. Bis heute lässt sie sich mit
einfachen Tricks wie Teilmöblierungen umgehen.
Daher fordern wir die Landesregierung auf, sich mit einer Bundesratsinitiative
für eine Verschärfung der Mietpreisbremse einzusetzen. Auch landespolitisch
sehen wir weitere Handlungsfelder für eine stärkere Mietpreisbremse. So müssen
die Kriterien für die Einsetzung der Mietpreisbremse überarbeitet werden, damit
die Mietpreisbremse ausgeweitet werden kann und für mehr Mieter*innen gilt. Eine
Abschwächung der Kriterien, die zum Ende der Mietpreisbremse in angespannten
Wohnungsmärkten wie Konstanz und Mannheim führt, lehnen wir ab. Gleichzeitig
kann die Mietpreisbremse nur wirken, wenn Mietpreisüberhöhung konsequent
verfolgt wird. Zu häufig kommen Vermieter*innen mit Mietwucher davon, ohne
sanktioniert zu werden. Das Land muss die Kommunen daher bei der
Mietpreisüberwachung stärker unterstützen und Kommunen im Umgang mit überhöhten
Mieten stärken.
Mietendeckel
Weiterhin sehen wir die Mietpreisbremse aber nicht als das Instrument, mit dem
überhöhte Mieten ausreichend zurückgedrängt werden können. Deswegen muss das
Land einen landesweiten Mietendeckel prüfen, um so ungerechtfertigt hohe Mieten
zu verhindern. Mit einem Mietendeckel hätte das Land ein wirksames Instrument,
um dauerhaft günstigen Wohnraum zu sichern. Die rechtliche Umsetzbarkeit in
Baden-Württemberg muss dafür umgehend geprüft werden. So soll ein wirksamer
Mietendeckel für Baden-Württemberg entwickelt werden, um den Mietmarkt
rechtssicher und nachhaltig zu entlasten.
Junges Wohnen fördern
Von Mietwucher und unbezahlbaren Wohnungen sind besonders junge Menschen,
Auszubildende und Studierende betroffen. Überhöhte Mieten sorgen für eine
Einschränkung der freien Ausbildungswahl, gerade für junge Menschen, die nicht
mehr bei ihren Eltern leben können und junge Menschen aus ländlichen Räumen.
Daher braucht es eine landesweite Strategie gegen junge Wohnungslosigkeit.
Bestehende Förderprogramme müssen wirksamer genutzt werden, beispielsweise durch
die Aufstockung des Förderprogramms “Junges Wohnen” auf Sanierungen. Auch der
Sanierungsstau von heruntergekommenen und maroden Wohnheimen muss dabei in
Angriff genommen werden, dafür soll die Förderung in Zukunft auch Anwendung
finden, wenn es um Sanierung und nicht nur den Zubau von Wohnungen geht.
Wir fordern, dass insbesondere die Wohnsituation von Auszubildenden stärker in
den Blick genommen wird. Zu häufig können junge Menschen ihre Ausbildung nicht
antreten, weil eine bezahlbare Wohnung am Ausbildungsort fehlt. Die Förderungen
für Azubi-Wohnen und Werkswohnungen müssen daher finanziell besser und
langfristig ausgestattet werden. Dafür braucht es einen eigenen Fördertopf mit
separater Förderrichtlinie, am Beispiel des Studierendenwohnens. Die verfügbaren
Mittel müssen bekannter gemacht und stärker an Unternehmen herangetragen werden.
Gleichzeitig braucht es eine Aufstockung der Fördermittel für Azubi- und
Studierendenwohnheime. Gerade Studierendenwohnheime in Baden-Württemberg sind
massiv überlastet. Bewerbungszeiträume von 6 Monaten sind hier die Regel und das
mangelnde Angebot zwingt viele Studierende, weiter Zuhause zu wohnen oder in
viel zu kleinen Zimmern und Wohnungen an der Grenze des Zumutbaren zu wohnen.
Daher fordern wir die Zielsetzung, bis 2030 30% der Studierenden in Baden-
Württemberg einen Wohnheimplatz anbieten zu können.
Leerstand bekämpfen - Wohnraum schaffen
Die Antwort auf die wachsende Wohnungsnot im Land kann nicht alleine Bauen,
Bauen, Bauen samt Flächenfraß sein. Vor allem brauchen wir eine gerechte
Verteilung des Wohnraums im Land und Leerstände müssen endlich entschieden
bekämpft werden.
Daher fordern wir, das Zweckentfremdungsverbot wieder komplett in Landeshand zu
überführen und wirksame Sanktionierungen für Zweckentfremdungen festzulegen. Es
kann nicht sein, dass wichtiger Wohnraum leer steht oder als Airbnb genutzt
wird, während Menschen in der gleichen Stadt keine Wohnung finden. So wollen wir
Fehlnutzungen entschieden entgegentreten und spekulativen Wohnraumleerstand
verhindern.
Gleichzeitig soll die Rückführung von Leerstand in den Mietmarkt vorangetrieben
werden. Die Wiedervermietungsprämie soll daher ausgeweitet und vereinfacht
werden. Kommunen mit einer Landeskoordinierungsstelle zur Bekämpfung von
Leerstand bei Wiedervermietungsprojekten unterstützt werden.
Ebenso muss die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen strenger reguliert
und langfristiger festgeschrieben werden, um Mieter*innen besser zu schützen.
Konkret soll die Kündigungssperrfrist bei Umwandlungen auf zehn Jahre verlängert
werden. Um die genannten Punkte konsequent umzusetzen, muss ein
Vermieter*innenführerschein nach Vorbild der Grünen Berlin eingeführt werden.
Mieten runter in the LÄND
Günstigen Wohnraum zu schaffen, ist keine Aufgabe, die sich auf den Bund und die
Kommunen beschränkt. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie wirksame
Maßnahmen ergreift, um dieses Problem zu bekämpfen. Die Grünen im Land haben die
Aufgabe, auf diese Gerechtigkeitsfrage eine ehrliche Antwort zu geben.
Deswegen kämpfen wir mit Bewegungen, Organisationen auf der Straße, aber auch im
kommenden Landtagswahlkampf, im Wahlprogramm der Grünen für gerechte
Mietenpolitik.
Unterstützer*innen
- Theresa Fidusek
- Daniel Halfmann
- Lisa Kreitmeier
- Leander von Detten
- Katharina Mohrmann
- Tim Bühler
- Pauline Valentin